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wahreDie Otto Brenner Stiftung hat eine Studie veröffentlicht, in der der Medienjournalist Fritz Wolf untersucht, wie viel Information und welche Art von Information in deutschen Fernsehprogrammen weitergegeben wird.
Wolf hat dabei die Ergebnisse der Medienforschung ausgewertet und mit eigenen Programmbeobachtungen kombiniert. Laut Studie arbeiten die Sender mit unterschiedlichen Nachrichtenphilosophien und einem sehr unterschiedlichen Begriff von Information. Das hat praktische Folgen. Vor allem bei den Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe sinken die Informationsanteile inzwischen drastisch. Die meisten privaten Sender erreichen in Sachen politischer Information nicht den Standard, den sie eigentlich erreichen müssten.
Mit den neuen Formaten des ›Reality-TV‹ sind Formate erfolgreich, die die Grenzen zwischen Information und Unterhaltung aufweichen.
Um überhaupt sinnvolle Aussagen über Informationsprogramme machen zu können, so lautet eines der Ergebnisse der Studie, sollte daran festgehalten werden, was klassisch Information genannt wird: Information ist im Kern die Vermittlung politischer und gesellschaftlicher Sachverhalte, die die Zuschauer in die Lage versetzen sollen, sich eine politische Meinung zu bilden und auf dieser Grundlage als Staatsbürger zu agieren.
Auch die Informationsprogramme der öffentlich-rechtlichen Sender verändern sich. So hat etwa 2010 die Berichterstattung über Katastrophen zugenommen, die über Wirtschafts- und Finanzthemen dagegen wieder abgenommen.

Auch in öffentlich-rechtlichen Sendern gehört die Primetime zu den informationsarmen Programmstrecken und auch hier nehmen Infotainment und Boulevard zu. Das ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand und widerspricht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, so ein zentrales Ergebnis der Studie.
ARD, ZDF und die Dritten sind besonders verantwortlich dafür, ihre Zuschauer zur Hauptsendezeit nicht allein der Zerstreuung zu überlassen.
Die Studie schlägt vor, dass ARD und ZDF ihren Informationsbegriff erweitern, nicht in Richtung Unterhaltung wie die privaten Sender, sondern in Richtung vielfältiger dokumentarischer Programme. Formen wie Dokumentation, Porträt oder Dokumentarfilm können dem Akualitätshype, von dem die Sender getrieben sind, etwas entgegensetzen und müssen stärker berücksichtigt und stärker gewichtet werden. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit haben inzwischen Sender wie RTL die umstrittenen ›Scripted Reality‹-Formate als Unterhaltung gekennzeichnet und nicht mehr als Information. Das mag man als kleinen Fortschritt werten. Das Problem, dass zunehmende Teile des Fernsehprogramms sich die Realität nach ihren Programm- und Vermarktungsbedürfnissen zurichten, ist damit nicht erledigt. Transparenz und Selbstreflexion in den Informationsprogrammen werden jenseits aller Zahlen und Quoten immer wichtiger.

Wie Information produziert wird, wo sie herkommt, welche Interessen dahinter stehen und unter welchen Bedingungen sie vermittelt wird, das ist für die Glaubwürdigkeit des Fernsehens von größter Bedeutung – der fast unkontrollierbare mediale Hype um EHEC ist dafür das jüngste und sicher nicht das letzte Beispiel.

Auszüge aus Text der Otto Brenner Stiftung
Die Studie steht kostenlos zum download unter www.otto-brenner-stiftung.de
Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 13. September 2011 um 12:44 Uhr