Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2010 Vergreist das Regionalfernsehen?
Vergreist das Regionalfernsehen? PDF Drucken E-Mail
Vor der Verleihung des Bremer Fernsehpreises diskutierten VertreterInnen verschiedener Sendeanstalten über die Frage, wie man ein jüngeres Publikum für das Regionalprogramm aber auch insgesamt für die Programme der öffentlich-rechtlichen interessieren kann.

Auf dem Podium des Werkstattgesprächs saßen Carina Teutenberg, Vice President Facutal Information & Magazine bei der ProSiebenSat.1 Media AG, Marco Otto, Leiter der Abteilung Planung, Entwicklung, Innovation beim NDR, Holger Weinert vom Hessischen Rundfunk und Holm Keller Vize-Präsident der Leuphana Universität in Lüneburg, die ein Projekt ›Bürgerfernsehen im Netz‹ starten will. Das Durchschnittsalter bei den öffentlich-rechtlichen Programmen liegt bei gut 60 Jahren, beim NDR sogar bei 62 Jahren. Beim HR sind 22 Prozent der Zuschauer unter 50 Jahren. Diskutiert wurde während des Werkstattgesprächs, wie jüngere Zuschauer erreicht werden können, ohne die älteren Stammseher zu verprellen.

Eine zentrale Frage ist offensichtlich, für wie jung und offen die Programmverantwortlichen die älteren Zuschauer halten. Oder anders formuliert: werden die Zuschauer vom Öffentlich- rechtlichen Fernsehen eventuell eher unter- als überfordert? Beim HR gab es laut Holger Weinert eine Phase, in der ein vom NDR zum HR gewechselter Mann das Programm ›verseichtet‹ habe. Mit so einer Senkung des Programmniveaus hat man dann vielleicht viele weitere Probleme geschaffen, nicht nur im Bereich der Gebührendiskussion. Der NDR kennt seine Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Familie Westermann aus Belm bei Osnabrück ist die Musterfamilie, sie repräsentiert den Durchschnitt des NDR-Publikums. Eine Mittelschichtfamilie, die ihre Möbel nicht bei IKEA kauft, im Eigenheim wohnt, Eltern um die 50, zwei Kinder.

Über die Westermanns hat der NDR sogar einen Film für interne Zwecke gemacht, der in Bremen vorgestellt wurde. Dieser Beitrag provozierte dann die Frage, ob nun alle Redaktionen nur noch Programm für die Westermanns machen müssen.

Marco Otto vom NDR konnte dies verneinen. Auch der NDR wolle sein Publikum verjüngen und setze dabei stark auf online-Angebote und crossmediale Strategien. Holm Keller glaubt nicht, dass jüngere Menschen über klassische Medien zu erreichen sind. Sie wollten nicht nach festgelegten Zeiten Medien nutzen und auch nicht nur konsumieren sondern erwarten, selbst aktiv werden zu können. Carina Teutenberg vonPro Sieben / Sat.1 wunderte sich über die Passivität der Öffentlich-rechtlichen TV-Sender beim Kampf um jüngere ZuschauerInnen und appellierte an die Verantwortlichen der dritten Programme, mehr Mut für innovativere und jugendlichere Formate zu wagen.

Man könne nicht darauf vertrauen, dass Zuschauer mit jahrzehntelanger Privat-TV-Sozialisation irgendwann zwischen 50 und 60 plötzlich das öffentlich-rechtliche Fernsehen bevorzugen.

kam
Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 23. Dezember 2010 um 09:46 Uhr