Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2009 Mehr Privatfunk für die niedersächsische Provinz?
Mehr Privatfunk für die niedersächsische Provinz? PDF Drucken E-Mail
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Wittich Schobert (Medienpol. Sprecher CDU), Ewald Dobler (Stellvertr. Vorsitzender Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage), Matthias Fischer (Geschäftsführer Hannover-TV GmbH), Reinhold Albert (Direktor Niedersächsische Landesmedienanstalt), Dr. Jürgen Brautmeier (Stellvertr. Direktor Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen), Angelika Schürmann (Vorsitzende Landesverband Bürgermedien Niedersachsen), Christian Rohrbach (Leiter Medienreferat Niedersächsische Staatskanzlei), Björn Thümler (Stellvertr. Fraktionsvorsitzender CDU), Kai Fischer (Geschäftsführer Hit-Radio Antenne Niedersachsen und Vorstandsmitglied VPRT) | Foto: Rasih Bayölken

Die CDU hatte kurz nach Neujahr eingeladen, und die niedersächsische Medienszene gab sich ein Stelldichein. Es sollte um die Einführung kommerziellen lokalen Rundfunks in Niedersachsen gehen. In Wahlprogramm und Koalitionsvereinbarung hatte man den Stein ins Rollen gebracht, und nun erhoffte man sich von der Runde Inspirationen für die konkrete Ausgestaltung.

Öffnung lokaler Werbemärkte
Es ging aber dann doch weniger um die Frage, ob jedes niedersächsische Dorf einen eigenen TV-Sender bekommt, als vielmehr um eine mögliche Öffnung der lokalen und regionalen Werbemärkte für die elektronischen Medien. Das niedersächsische Mediengesetz gönnt bisher in § 26 den Zeitungsverlegern das Privileg, auf lokaler und regionaler Ebene unbehelligt von Radio oder TV die Werbemärkte abzugrasen.
Dementsprechend zwiespältig fiel auch die Stellungnahme von Ewald Dobler vom Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage e.V. aus.
Zum einen öffnen auch die Zeitungen ihr Betätigungsfeld durch das Internet zwangsläufig in Richtung Multimedia, auch um Zielgruppen zurückzuholen, die durch die Printmedien nicht mehr erreicht werden. Auf der anderen Seite bedeutet eine Marktöffnung natürlich neue Konkurrenz, und dies zum Beginn einer Rezession.
Genau auf diese Marktöffnung setzte allerdings Kai Fischer, der für den VPRT und Hit Radio Antenne sprach. Gemeint war aber auch hier weniger eine Regionalisierung des Programmangebots als vielmehr die Schaffung neuer Einnahmequellen durch die Akquise regionaler Werbung.

Wenig neue Programme in Sicht
An Interessenten für die Veranstaltung kommerziellen lokalen oder regionalen Rundfunks scheint es in Niedersachsen bisher gerade mal drei zu geben: zwei Mediendienste (Friesischer Rundfunk und RegioTV) müssen sich nach einer Änderung des Rundfunkstaatsvertrags um eine neue Lizenz bemühen, und in Hannover sucht Hannover TV, die hoffnungsvoll auf das bereits vor dem Start untergegangene Handy-TV DVB-H gesetzt hatten, eine neue Existenzberechtigung.

Bürgerrundfunk nicht gefährdet
Die niedersächsischen Bürgermedien, die bisher im Bereich der lokalen und regionalen elektronischen Medien allein auf weiter Flur stehen, können sich angesichts dieser Situation relativ gelassen zurücklehnen, wie auch Angelika Schürmann, die Vertreterin des Landesverbands der Bürgermedien, feststellte. Mangelnde Programminnovationen bei gleichzeitiger Zersplitterung der lokalen Werbemärkte bekräftigen eher die Notwendigkeit der ›Dritten Säule‹, die seit mittlerweile 12 Jahren werbefrei die publizistische regionale Landschaft ergänzt.
Schürmann wies aber berechtigterweise auf Tendenzen zur Dequalifizierung hin, die bei kommerziellen Anbietern mit einem überproportionalen Einsatz von Praktikanten und Volontären zu beobachten sind. Den vielen in den Bürgerrundfunksendern ausgebildeten qualifizierten Kräften bliebe derzeit oft nur der Weg über die Landesgrenzen.

Enthusiasmus hält sich in Grenzen
Auch wenn Reinhold Albert, Direktor der niedersächsischen Landesmedienanstalt, den Anachronismus der bisherigen ›Schutzzaun‹-Regelung beklagte, hielt sich jenseits des Schielens auf die lokalen Werbegelder der Enthusiasmus für die Veranstaltung neuer kommerzieller lokaler Programme derart in Grenzen, dass außer der fälligen Neuregelung für die bestehenden Mediendienste kaum sichtbarer Handlungsdruck für die Politik besteht.
Und die Gefahr, dass man sich durch die angekündigte Marktöffnung die als Menetekel an die Wand gemalten ›Global Player‹ erst ins Land holt, wurde vorsichtshalber erst gar nicht thematisiert.

Jan Schenkewitz
(Ems-Vechte-Welle, Landesverband Bürgermedien)

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. Februar 2010 um 14:44 Uhr