Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2009 Sicherung des Filmerbes der Stadt Hannover
Sicherung des Filmerbes der Stadt Hannover PDF Drucken E-Mail
Projekt (vorläufig) abgeschlossen
filmerbe
Nordmannstraße vor Anzeigerhochhaus

Mit den beiden Vorführungen der vier im Jahr 2008 wiederhergestellten Hannover- Filme im Dezember 08 im Kommunalen Kino Hannover war das Projekt ›Sicherung des Filmerbes der Stadt Hannover‹ erst einmal zu Ende. Von 2004 an wurden 32 Filme restauriert, gesichert und für die Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Es gab etwa 60 Präsentationen vor fast immer ausverkauftem Haus im Kommunalen Kino, im Apollo-Kino, im Historischen Museum und anderswo, insgesamt wurden vermutlich 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen.
Unter der Federführung der Gesellschaft für Filmstudien e.V. wurde das Projekt ins Leben gerufen. Kooperationspartner waren das Historische Museum Hannover, das Kulturarchiv an der Fachhochschule Hannover, das Medienpädagogische Zentrum/ Landesfilmdienst Niedersachsen e.V., das Medienzentrum der Region Hannover, das Niedersächsische Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) und das Stadtarchiv Hannover. Nachdem mühevoll zusammengetragen wurde, welche Filmtitel es überhaupt gab und wo welche Kopien lagen, wurden 2004 bei der nordmedia, der S-Hannover-Stiftung und dem Kulturbüro der Stadt Hannover Förderanträge gestellt. Bewilligt wurden von 2004 bis 2008 Gelder im Gesamtumfang (einschließlich Eigenleistung) von insgesamt 121.500 €. Die nordmedia beteiligte sich an der Förderung lediglich im Jahr 2004 in der wichtigen Startphase.

160 Kopien gesichtet filmerbe02
Bereits 2003 wurde an dem Film Königin Elisabeth II in Hannover, 1965, zu dem kurz zuvor ein Umkehroriginal aufgetaucht war, die schonende Restaurierung in Kooperation mit einem Kopierwerk geprobt. Ein Resultat dieser Arbeiten war, dass die Restaurierung im Bereich ›Film‹ erfolgen musste. Eine Vergleichssichtung der Filmmaterialien (vorher – nachher) mit den entsprechenden Abtastungen auf professionellem Videoformat ergab dies ohne wenn und aber.
Von den ca. 80 identifizierten Hannover- Filmen existierten ca. 160 Kopien, die alle im Kulturarchiv gesichtet, bewertet (technische Qualität wie Bild, Ton, Klebestellen, Länge), in Einstellungsprotokollen festgehalten und in eine neu geschaffene Datenbank eingetragen wurden. Dann gingen die Kopien wieder zurück an die jeweilige Einrichtung. Auf Grund der Einträge in der Datenbank konnte auf sichere Weise entschieden werden, welche Kopien zur Restaurierung herangezogen werden konnten. Zur Wiederherstellung der Filme wurden Internegative von den jeweils besten Kopien hergestellt. Gegebenenfalls waren auch mehrere Kopierschritte notwendig. Von den noch vorhandenen Tönen wurden Perfo-Bänder gezogen, die an die neu hergestellten (Bild-)Arbeitskopien angelegt wurden. Bei einem der Filme waren die Töne verschollen. In diesem Fall wurde eine sinngemäße Klaviermusik unterlegt, was auch bei einem Normal-8- Stummfilm erforderlich war.

Probleme und Lösungen
Gleich der erste Film, der in Angriff genommen wurde, erwies sich als harte Nuss. Bei dem Film Die Kunst geht auf die Straße war zunächst unklar, welches die authentisierte Fassung war. Dies ließ sich zwar klären, aber ein anderes Problem war gravierender: Sämtliche 19 Titel und Zwischentitel des Umkehroriginals waren so verblasst, dass kopiertechnisch nichts mehr zu machen war. Die Antwort auf eine Anfrage beim Kopierwerk, die Titel elektronisch herzustellen und dann auszubelichten, lautete auf Kosten von ca. 5.000 €. Das war etwa die Summe, die für die Restaurierung des gesamten Films zur Verfügung stand. Also wurden die Titel in Eigenarbeit einzelbildweise mühsam auf Film aufgenommen, wobei die Vorlagen von Größe und Schrifttyp sich an den Originalen orientierten. Im Endresultat existiert jetzt wieder ein Bild- und Tonnegativ, und die Positivkopie kann sich sehen lassen. Sie ist immerhin so gut, dass von der professionellen Abtastung eine DVD hergestellt werden konnte.
Es liegen jetzt 32 Filme vor, die entweder auf Bild- und Tonnegativ einschließlich neuer Positivkopie oder aus Kostengründen lediglich als Digi-Beta-Videokopie gesichert sind. Es existieren von allen Filmen sowohl analoge als auch digitale Nutzungskopien in verschiedenen Formaten.

Herausgabe von DVDs
Von sieben Filmen liegen DVDs mit ausführlichem Booklet vor. Für die Zukunft ist eine verstärkte Auswertung der gesicherten Filme geplant sowie eine weitere Herausgabe von DVDs. Außer der privaten Nutzung der Filme ist auch eine verstärkte Nutzung im schulischen Bereich im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit regionaler Geschichte geplant. Auf der Website www.filmundgeschichte.de kann das Projekt eingesehen werden, und es wird auch der Umgang mit audiovisuellen Quellen beschrieben.
Im Verlauf des Projekts zeigte sich leider schmerzlich, dass seitens der Kopierwerke bestimmte Dienstleistungen einfach ›weggebrochen‹ waren und der Bereich der Postproduktion in Bezug auf 16-mm-Film kaum noch in Anspruch genommen wird. Deshalb kam es bei den Restaurierungsarbeiten immer wieder zu Verzögerungen und auch unvorhersehbaren technischen Problemen. Sollte das Projekt eines Tages fortgesetzt werden, muss die Entscheidung, in welchem Medium die Restaurierungsarbeiten erfolgen sollen, sehr sorgfältig gefällt werden.

Thomas Garzke und Dr. Peter Stettner

Infos: www.filmundgeschichte.de

Bild: Herstellung von Filmtiteln
Alle Fotos: Gesellschaft für Filmstudien

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 17. Februar 2010 um 11:37 Uhr