Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2009 3D Kino - eine neue, alte Revolution?
3D Kino - eine neue, alte Revolution? PDF Drucken E-Mail

3d

Erschütternde Körper und reflexartige Abwehrbewegungen werden in nächster Zeit nicht nur auf, sondern vor allem auch vor den Leinwänden zu sehen sein. Denn 3D wird im hollywoodreifen Stil auf die Kinobesucher zu rollen. Die Welle von 3DProjekten soll die Zuschauer weg vom heimischen Fernseher und Raubkopien, wieder hin zum Kinosaal bringen.
Mit Reise zum Mittelpunkt der Erde 3D lief im vergangenem Jahr der erste komplett digital gedrehte Film mit realen Schauspielern in den Kinos. Anfang diesen Jahres folgte mit dem Animationsfilm Monsters vs. Alien aus dem Hause Dream- Works der nächste 3D-Kassenschlager. Schon früh war für Jeffrey Katzenberg (Chef der DreamWorks-Animationstudios) klar: Wir befinden uns in der dritten Revolution des Kinos! Nach der Vertonung des Films (20er Jahre) und der Entwicklung des Farbfilms (30er Jahre), soll nun die stereoskopische Technik dem Film ein neues Gesicht verpassen … ein Dreidimensionales.

3D-Boom erreicht Hollywood
Nicht nur DreamWorks ist dem 3D-Boom verfallen. Alleine in diesem Jahr kommen mindestens zehn 3D-Filme in die Kinos. Tendenz für 2010: steigend! Aktuell sorgen vor allem Kinderfilme wie Ice Age 3 und Coraline für Begeisterungsströme unter den jungen 3D-Fans. Doch nicht nur für plastische Familienunterhaltung ist gesorgt. Auch der Horrorstreifen My Bloody Valentine 3D erfreut das erwachsene Publikum, vornehmlich mit einer herab sausenden Spitzhake. Für Ende des Jahres werden zwei weitere 3D-Highlights erwartet. James Camerons Science-Fiction-Epos Avatar wird schon jetzt als Blockbuster gehandelt und kommt am 17ten Dezember in die deutschen Kinos. Ebenso versüßt Disney unseren Augen die Adventszeit mit einer neuen dreidimensionalen Weihnachtsgeschichte von Robert Zemeckis. Noch sind die meisten 3D-Titel zwar Animationsfilme, doch wenn sich der Hype um die moderne Digital-Projektionstechnik nicht legt, wird es nicht lange dauern bis auch die großen Spielfilme in 3D zu sehen sind.
Der Trend in Hollywood geht also in Richtung digitale Revolution. Doch so schnell auch neue dreidimensionale Werke folgen, können die Kinos nicht im gleichen Tempo nachrüsten. Nur jede 150ste Leinwand in Deutschland kann dem Besucher ein Kinoerlebnis der dreidimensionalen Art bescheren. Der Umbau eines Kinosaals für die digital 3D-Projektion wird auf mindestens 50.000 Euro geschätzt. Eine Zahl die vermuten lässt, dass Kinobetreiber, auch wenn sie der Zukunft des 3D-Films positiv gegenüber stehen, kaum spontan aufrüsten können. Viel mehr stellt sich die Frage, wo bekommen die Kinos dieses Geld überhaupt her? Sparen nicht viel mehr die Verleiher an der 3D-Technik, wenn Filme nicht mehr auf Rollen, sondern auf Festplatte daherkommen? Weiterhin stellt sich die Frage, ob der 3D-Boom überhaupt ein langanhaltendes Phänomen ist. Wie lange kann es wohl dauern, bis das Bewegungskino sein Publikum verstumpfen lässt und der Überraschungseffekt eines entgegen schnellenden Gegenstands verpufft ist?

Stereoskopische Technik in den 50-ern
Schon in den 50er Jahren sprach man von der goldenen Ära des dreidimensionalen Films. Mit Sicherheit war die Technik damals nicht so ausgereift wie heute, doch konnte beispielsweise in dem Hitchcock- Film Bei Anruf Mord der Mörder dem Kinobesucher schon erschreckend Nahe kommen und für den besonderen Nervenkitzel sorgen. Das Prinzip war das Selbe: stereoskopische Fotografie sorgte für neue Effekte. Auch der Jubel um die neue Technik war vergleichbar mit dem Heutigen. Die durch den Siegeszug des Fernsehens ausgebliebenen Zuschauer konnten wiedergewonnen werden. Aber der Reiz des Neuen verflog in den Fünfzigern fast genauso schnell, wie er gekommen war. Sowohl Routine, verlorener Überraschungseffekt, als auch die nicht ausgereifte Technik sorgten bei den Kinobesuchern für Kopfschmerzen. 3D wurde zum Nischentrash und in die Ecke des Horror- und Erotikgenres verbannt.

Neuer Reiz des 3D-Kinos
Was ist heute also anders? Fest steht, dass das 3D-Kino sich zumindest momentan wieder aus seiner Schublade heraus gekämpft hat und zum Mainstream taugt. Selbst in gehobenen Filmkreisen wird die dreidimensionale Kunst anerkannt. So startete das Filmfestival in Cannes dieses Jahr erstmals mit einem 3D-Spektakel von Pixar, dem Animationsfilm Oben (Kinostart in Deutschland: 17.9.09). Auch die Technik ist weit voran geschritten und die 3DEffekte erscheinen durch die moderne Digital-Projektionstechnik in neuem Glanz. Für die Abwechslung des 3D-Vergnügens soll ebenso gesorgt werden. Der abflauenden Spannung soll mit aktivem Kino abgeholfen werden. So stellen sich zumindest die Entwickler des Projekts ›Virtual Reality Space Theatres‹ die Zukunft des plastischen Films vor. Geplant sind 45-Minuten- Filme in denen das Publikum in die Geschichte eingreifen kann. Die Tiefe der Bilder soll durch Massencomputerspiele ihren Reiz behalten.
Fraglich ist jedoch ob nicht viel mehr eine narrative Tiefe geschaffen werden muss, um 3D-Kino zu einem dauerhaft spannendem Erlebnis für die Zuschauer und somit auch zu einem lukrativem Geschäft für die Filmemacher und Kinobetreiber werden zu lassen.
Die Spannung, die mit dem 3D-Film einhergeht, bleibt also erhalten, erhalten insofern, dass man gespannt sein darf, ob wir wirklich von einer neuen, dritten Revolution des Kinos sprechen können.

Stephanie Hinners

Mehr digitale Leinwände
In Niedersachsen und Bremen gibt es aktuell 24 Kinos mit der Möglichkeit zur digitalen Projektion.
Technischer Standard: Projektoren PT-D 7700 und PT-D5500. Die Geräte liefern eine Auflösung von bis zu 1,4 K. (Quelle: http://www.delicatessen.org/kinos.html, Stand: 16.6.09).
Schauburg und Atlantis in Bremen, Kino Lumière in Göttingen, Kino im Künstlerhaus und Apollo in Hannover, Scala Programmkino in Lüneburg, Casablanca in Oldenburg.
Digitale Leinwände von XDC m. 2k-Standard (Quelle: www.xdcinema.com/screens/index.php, Stand: 16.6.09):
Gloria Kino Center Ankum,Cinespace, CinemaxX und CineStar Kristall-Palast in Bremen, Dersa Kino Center Damme,Schauburg Duderstadt, Metropol Theater Fallersleben, Helmstedter Kinos Helmstedt, Central-Lichtspiele Herzberg, Thega Filmpalast Hildesheim, Cinestar Lüneburg, Capitol Kino Neu Wulmstorf, Filmtheater Schauburg Quakenbrück, Kino-Center Rinteln, Central-Theater Uelzen, Capitol-Theater Walsrode, UCI Kinoplex Wilhelmshaven.

 

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 09. Februar 2010 um 11:26 Uhr