Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2007 Jugend-Filmförderung in Niedersachsen
Jugend-Filmförderung in Niedersachsen PDF Drucken E-Mail
... eine Baustelle

jugend›Vielleicht sagt ja mal jemand dem Bundeskanzler, dass im Laufe eines Jahres mehr in deutsche Filme gehen als in die Stadien der Bundesliga.‹ (Günther Rohrbach)
In der Fußballbundesliga ist eine frühe und breite Nachwuchsförderung selbstverständlich. Nur so können Talente entdeckt, aufgebaut und gefördert werden. Für den Bereich Film existiert solch eine organisierte Art der Nachwuchsförderung nicht. Dabei ist die Nachfrage groß: Der Marktanteil (auf Basis der Besucherzahlen) der deutschen Kino-Produktionen ist so hoch, wie schon lange nicht mehr. Etwa 20 % der Kino- Besucher in der ersten Jahreshälfte 2006 schauten sich deutsche Kinofilme an (Quelle: FFA-Info 2/2006). Ein Schulfach ›Filmkunde‹ oder ›Medienkunde‹ sucht man aber vergebens.
Überlegungen, inwieweit sich dieses Thema in das Curriculum der Ganztagsschulen integrieren lässt, werden momentan in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern angestellt. Nach aktuellen Informationen scheinen die Gespräche jedoch gescheitert zu sein. Es gibt jedoch in der außerschulischen Jugendbildung Vereine, die sich ›Medienkompetenzvermittlung‹ zur Aufgabe gemacht haben, wie die LAG Jugend und Film Niedersachen e.V. Auch die Landesmedienanstalten veranstalten und fördern Medienkompetenzprojekte. Filmförderungen wie die nordmedia vergeben Fördergelder.
Bei all diesen unterschiedlichen Ansätzen zur Jugend- und Nachwuchsfilmförderung stellen sich die Fragen: Woher kommt das Geld für diese Förderungen? Wer fördert aus welchen Gründen? Und wie effektiv sind diese Förderungen?
Mit diesen Fragen habe ich mich in meiner Magisterarbeit an der Leibniz Universität Hannover beschäftigt. Der Titel ›Jugendfilmförderung - Zur Geschichte und Gegenwart der deutschen Filmförderung unter Berücksichtigung des regionalen Vergleichs (Niedersachsen, Schleswig-Holstein)‹ klingt kompliziert, die Arbeit ist jedoch sehr praxisnah geschrieben. Dazu habe ich drei ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der (Jugend-)Filmförderung aus den beiden Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein interviewt und ihre Sichtweisen zu einzelnen Themen der Jugend-Filmförderung analysiert.
Zur Einführung in das Thema findet sich als erster Teil der Arbeit eine chronologische Geschichte der deutschen Filmförderung. Dieser historische Teil bildet die Basis, um die aktuellen Entwicklungen in der deutschen Filmförderung, insbesondere der Jugendfilmförderung, nachvollziehen zu können.
Die Erkenntnisse der Arbeit sind erschreckend: Jugendfilmförderung wird in Deutschland bundesweit vernachlässigt. Wenn sich der Staat aus der Kulturförderung zurückzieht, dann setzt er oft dort an, wo die Gegenwehr gering ist und die Folgen sich erst spät zeigen werden: in der Jugendarbeit. Nur so ist zu erklären, dass unisono bestätigt wird, die Jugendmedienförderung wäre wichtig, aber doch so wenig passiert.

Verbesserungsvorschläge
In Niedersachsen fehlt vor allem die Kommunikation und Kooperation zwischen den Institutionen. Hier bewegt sich bereits etwas, die Entwicklung muss jedoch noch deutlich voranschreiten. Einige Überlegungen habe ich in Thesen zur Verbesserung, vor allem der niedersächsischen Jugendfilmförderung, dargelegt.
Zum einen wäre da die Wiedereinführung einer institutionellen Förderung für die LAG Jugend und Film Niedersachsen e.V., verbunden mit einer Ausweitung ihrer Seminartätigkeiten. Die Uelzener Filmtage, die von der LAG mit der Stadt Uelzen veranstaltet werden, sollten ebenfalls erweitert werden. Jährlich statt alle zwei Jahre sollten diese Kurzfilmtage für den Nachwuchs stattfinden und bis 26 Jahre geöffnet werden (statt wie jetzt bis 21 Jahre), so dass sich mehr Netzwerke unter den Jungfilmern im Land bilden können.
Nach dem Vorbild aus Schleswig-Holstein könnte auch eine monetäre Jugendfilmförderung eingerichtet werden, die unbürokratisch und ohne viele Hürden, den jüngsten Filmern im Land eine Starthilfe geben würde.
Auch die Förderung und Zusammenarbeit mit dem Film- und Medienbüro Niedersachsen sollte ausgebaut werden. Insbesondere die Wahrung der Interessen von kulturellen Filmern müsste durch eine Kontingentierung solcher Projekte bei der nordmedia und ein unabhängiges Vergabegremium verankert werden (eine Forderung des Film- und Medienbüros, welches als ›Sprachrohr‹ der Filmschaffenden des Landes gesehen wird).
Zu diesem Zweck ist auch eine Verankerung von Medienkompetenz-Initiativen in den Schul-Unterricht anzuraten. So eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Schulen kann vielfältig aussehen: Ausbildung der Pädagogen (Multiplikatoren) oder direkte Angebote an der Schule, wie die Schulkino-Wochen. Dazu könnten Nachmittage an Ganztagsschulen oder Projektwochen genutzt werden.
Grundsätzlich scheint die Aufteilung und Zuordnung der Förderung von Medienkompetenzprojekten durch die Landesmedienanstalt und der Fördermittel der nordmedia noch nicht optimal zu sein, um dem kulturellen Filmschaffen in Niedersachsen gerecht zu werden und vor allem dem Nachwuchs früh die Möglichkeit zu geben sich auszuprobieren und zu lernen.
Nur mit einer mutigen, frühen Förderung können wir auch in Zukunft große niedersächsische Filmemacher erleben.

Thorsten Landsiedel

http://landsiedel.here.de
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Bild: Torsten Landsiedel am Set von ›Was denkt man, wenn ...‹ von Rasmus Greiner

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. März 2010 um 11:17 Uhr