Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2007 Guangzhou Film Fest zeigt deutsche Dokumentarfilme
Guangzhou Film Fest zeigt deutsche Dokumentarfilme PDF Drucken E-Mail
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(von links nach rechts) : Christoph Boekel, Gerlinde Böhm, Simon Ho (GZ DOC), Klaus Becker, Frédérique Veith, Michael Loeken, Jörg Witte, Brigit Mulders, Brigitte Krause, Barbara Wackernagel-Jacobs (Jury) (vorn) Hiltrud Boldt-Schiffer (GZ DOC), Ulrike Franke und Paul Loeken (nicht auf dem Foto): Britta Erich

Die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK) war mit einem deutschen Dokumentarfilmprogramm auf das 4. Guangzhou International Documentary Film Festival (GZ DOC) vom 4.-10. Dezember 2006 nach China eingeladen. Der 10-köpfigen Delegation gehörten an: Brigit Mulders (Produzentin, November Film, Berlin), Christoph Boekel (Regisseur und Produzent, München), Frédérique Veith (Autorin und Regisseurin, unique Film, Berlin), Britta Erich (Produzentin, Filmtank Hamburg), Brigitte Krause (Autorin und Regisseurin, Hamburg), Ulrike Franke und Michael Loeken (Regisseure und Produzenten, Köln), Gerlinde Böhm (Regisserin und Produzentin, Berlin), Klaus Becker (Filmbüro Bremen) und Jörg Witte.
In Kooperation mit dem Leipziger Dokumentarfilmfestival und mit Unterstützung von German Films liefen während des Festivals in vier Kinos acht deutsche Dokumentarfilme. Aufgrund der erst Mitte November 2006 erfolgten endgültigen Zusage für dieses umfangreiche Programm ist die Auswahl gemeinsam mit dem Leipziger Dokumentarfilmfestival vorgenommen worden.
In Guangzhou waren im Rahmen der ›German Documentaries‹-Präsentationen 2006 zu sehen: ›Chernobyl - The Invisible Thief‹ (Verstrahlt und Vergessen) von Christoph Boekel, ›Heavy Metal in the Country‹ von Andreas Geiger (Produktion: Filmtank), ›Losers and Winners‹ von Ulrike Franke und Michael Loeken, ›Goddesses of Soccer‹ (Fussballgöttinnen) von Nina Erfle und Frédérique Veith (Produktion: unique Film), ›The Devil’s Miner‹ von Richard Ladkani und Kief Davidsson, ›Tailor Made Dreams‹ von Marco Wilms, ›Dancefloor Caballeros‹ von Dirk Böll (Produktion: Gebrüder Beetz), und ›White Ravens‹ (Weisse Raben) von Tamara Trampe und Johann Feindt.

›This is where coproduction starts!‹ (Mark Johnson)
Die nach Guangzhou gereisten deutschen Produzenten waren ebenfalls zur Teilnahme am ›GZ DOC 2006 International Co- Production Meeting‹ eingeladen, um zusammen mit kanadischen (Tina Hahn, Symmetree Media, Toronto; Mark Johnson, Nomad Film) und chinesischen Produzenten beispielhaft internationale Co- Produktionen vorzustellen. Für die deutsche Delegation übernahm dies Britta Erich und präsentierte als Projektstudie ihren Film ›Mitumba‹. Von chinesischer Seite wurden beispielhafte Co-Produktionen (mit France 5 und National Geographic, mit ›Nine Times‹ (USA) und Natural History New Zealand‹ vorgestellt. Gegenseitiges Vertrauen, Rechtefragen, Drehgenehmigungen in China waren die Hauptdiskussionspunkte unter der Moderation von der in Deutschland lebenden australischen Produzentin Ruth Berry.
Klaus Becker von der Bremer Filmförderung wies in diesem Rahmen auf die Notwendigkeit eines deutsch-chinesischen Co-Produktionsabkommens hin, das seit einigen Jahren nicht weiter verhandelt wird, aber Vorteile bei gemeinsamen Projekten bringen würde. Dies war auch Thema bei zahlreichen ausführlichen Gesprächen mit chinesischen Produzenten, aber auch mit den Mitarbeitern des Deutschen Generalkonsulats in Guangzhou.

Schwerpunkt Trainingsprogramme und ›Projekt Pitching‹
Diverse Kurzseminare und Projektvorstellungen chinesischer Produktionsfirmen bestimmten den Festivalalltag. In unterschiedlichen Realisierungsphasen wurden erneut unter Leitung von Pat Ferns (Kanada) in 5-minütigen Vorstellungsrunden Filmprojekte einer größeren Runde internationaler TV-Redakteure vorgestellt und von diesen kommentiert. Diese gut besuchten Präsentationen wurden flankiert von Seminaren, zum Beispiel über Versioning, also die Vorgaben, verschiedene Versionen für unterschiedliche Länder herzustellen. An Hand von Filmausschnitten demonstrierte unter anderem NDR-Redakteurin Patricia Schlesinger die Unterschiedlichkeit von Introduktionen für ein deutsches, französisches oder ein englisches Publikum, das, da kulturell unterschiedlich geprägte Sehgewohnheiten vorherrschten, jeweils andere Schnittversionen bräuchte.
Leider ist die Teilnahme an diesem Festivalsegment weiterhin nur chinesischen Produzenten vorbehalten. Deren Projekte sind in ihrer Realisierungsphase relativ weit fortgeschritten und durch die exzellente Präsentation bekommt man sehr schnell eine prägende Vorstellung von Thematik und Format. Eine kleine Fundgrube wie ich finde.

Wettbewerb
Für den internationalen Wettbewerb zum diesjährigen Thema ›Armut‹ waren 68 Filme aus aller Welt nominiert. Die internationale Jury - erneut unter Vorsitz von Michel Noll (Paris) - hatte in knapp 5 Tagen enorm viele Beiträge zu sichten.
Der Wettbewerb fand allerdings wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am letzten Festivaltag waren einige der Preisträger zu sehen. Die Preisverleihung wurde dann allerdings live im Guangzhou TV übertragen und war unter freiem Himmel vor der Kulisse der ›Sun Yat Sen Memorial Hall‹ eine großartige offiziöse Show, die mehrere Stunden andauerte.
Einer der Preise ging nach Deutschland: Der Regisseur Rouven Rech kann sich für seinen kurzen, in Argentinien gedrehten Dokumentarfilm ›Neighbours – Nachbarn‹ über diese wichtige Anerkennung freuen.

GZ DOC Screenings
Vor allem deutsche, polnische und niederländische Filme sind in den Kinos in Guangzhou im Rahmen des Festivals gezeigt worden. Bei den 20 Vorstellungen der deutschen Filme waren zumeist Regisseure und Produzenten dabei. Die technische Qualität der Vorführungen spielt allerdings immer noch keine so gewichtige Rolle, so dass vielfach falsch projeziert wurde oder auch Tonprobleme nicht behoben werden konnten.
Allerdings hatte das Festival fast alle deutschen Filme dieses Mal chinesisch untertitelt, was intensivere Diskussionen mit dem Publikum zuließ als im Jahr zuvor.

Ausblick auf 2007: Letter of Intent unterzeichnet!
Die Möglichkeiten, mit chinesischen Produzenten in Kontakt zu kommen, wurde von den deutschen Produzenten ausführlich genutzt. Die Ergebnisse werden wir in diesem und im kommenden Jahr auf verschiedenen Ebenen zur Kenntnis nehmen! Mit den Festivalorganisatoren selbst sind viele Aspekte der weiteren Beteiligung diskutiert worden. Neben der Verbesserung der Vorführqualität ist dies ebenso die Frage der Einbeziehung des Kinodokumentarfilms und des Dokumentarfilms als Kulturgut. Die derzeitige ausschließliche Orientierung auf Fernsehformate, die von der internationalen Community von TV-Redakteuren auch in Guangzhou als vorgegebene Norm definiert werden, sollte durch einen Workshop zu oben genannten Themen erweitert werden. Wir werden entsprechende Vorschläge an das Festival erarbeiten.
Als einen wichtigen Schritt dahin ist eine vorläufige Vereinbarung mit dem Festival erarbeitet worden, die am 8.12.2006 auf dem Empfang des Deutschen Generalkonsuls zwischen der AG DOK und von Festivalpräsident Li unterzeichnet wurde. Sie sieht in der vorläufigen Form vor, jeweils Präsentationen deutscher Dokumentarfilme in China und chinesischer Dokumentarfilme in Deutschland 2007/2008 zu ermöglichen.
Alles in allem ist die Kooperation mit dem Festival von Guangzhou gefestigt worden. Sie wird 2007 wiederum ein wichtiger Bestandteil der German Documentaries Aktivitäten der AG DOK sein.

Jörg Witte

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. März 2010 um 11:05 Uhr