Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2007 Vorspann Rundbrief 85
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karl_2008Die Berlinale steht vor der Tür. Traditionell ist das Festival nicht nur ein Treffpunkt für Cineasten und Partygänger, sondern auch ein Forum für diverse Branchenveranstaltungen. Wollte man all die Termine wahrnehmen, würde dabei der Kinobesuch unwillkürlich ausfallen.
In diesem Jahr gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, die eventuell spannender als Kino werden könnten. So diskutiert die AG-Dok auf ihrer Mitgliederversammlung am 12.02.07 die Frage, ob die Filmförderungen ein Selbstbedienungsladen geworden sind. Aktueller Anlass sind die zahlreichen Fernsehfilme, hergestellt häufig von Tochterunternehmen der Sender, die von den Filmförderungen mit zum Teil sehr hohen Beträgen unterstützt werden.
Insgesamt lassen die Förderentscheidungen der letzten Jahre eindeutig eine Tendenz zu Gunsten des ganz ›normalen Fernsehprogrammauftrags‹ erkennen, das sich eigentlich aus dem Rundfunkgebührenaufkommen finanzieren sollte, stellt nicht nur die AG-Dok fest.
Nicht von der Hand zu weisen ist die existenzielle Angst vieler kleinerer Produktionsfirmen und RucksackproduzentInnen, in diesem Konzert der Großen überhört und ignoriert zu werden, mit fatalen Folgen nicht nur für die Arbeitsplätze, sondern auch für die Vielfalt der Filmkultur im Lande.
In der Branche sei die Stimmung gereizt, es drohe ein kultureller und bildungspolitischer Kahlschlag. Ein Konzentrationsprozess, bei dem wenige Filme immer mehr Subventionen bekommen und ein Großteil der deutschen Filmemacher vom Teller fallen wird, befürchtet die AG-Dok.
Deshalb sollen auf der Mitgliederversammlung der AG-Dok Ziele für die effiziente Verwendung öffentlicher Filmfördergelder eingefordert werden. ›Film als Kulturgut, muss den Stellenwert erhalten, der ihm gesellschaftlich gebührt. In dieser Rechnung dürfen die vermeintlich erhofften Boxoffice Ergebnisse eines Films nur ein Parameter der Entscheidungsfindung sein‹.

Nord-Filmförderung?
Für den Norden wird die Bündelung des kreativen Potenzials in den Flächenländern Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, sowie aus Hamburg vorgeschlagen. Gefordert wird eine Zusammenführung der Filmförderungen Norddeutschland zu einer Nord Filmförderung. Die dabei eingesparten Betriebsmittel aus der Verschlankung des Verwaltungsapparats sollen der kulturellen Projektförderung zukommen. Auf den lokalen Ebenen sollen ›kleinste kostengünstige Anlaufstellen für individuelle Stoff- und Projektentwicklung sowie Projekte unter 100.000 € Herstellungskosten geschaffen werden‹.
Da auch Niedersachsen von der Zusammenlegung der Filmförderungen im Norden betroffen wäre, werden wir uns als Film & Medienbüro an entsprechenden Diskussionen beteiligen und Chancen und Risiken abwägen. Vielleicht tut es ja gut, mal wieder ›Visionen‹ zu entwickeln, neue Bündnisse zu schmieden und die Interessen der unabhängigen Produzenten und der Filmkultur in größeren Maßstäben zu diskutieren. In Niedersachsen haben wir für grundlegende Forderungen wie die Berufung unabhängiger Gremien bei der nordmedia keine politischen Mehrheiten finden können. Ob andere Konstellationen besser wären, wird man ja wohl noch diskutieren dürfen!
Wer genaueres wissen möchte oder mitdiskutieren will, ist als Gast zur Mitgliederversammlung der AG-Dok willkommen, sollte sich aber anmelden. Man kann sich mit seiner Meinung gerne auch an das FMB wenden. Der Rundbrief steht natürlich als Forum zu diesem sicher kontroversen Thema zur Verfügung. Wir respektieren auch anonyme Meinungsäußerungen, wohl wissend, dass nicht wenige berufliche Nachteile befürchten müssen, wenn sie sich öffentlich kritisch äußern.
In diesem Sinne auf eine spannende Berlinale.

Karl Maier

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. März 2010 um 10:48 Uhr