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Fachtagung zum 50. Jubiläum der LAG Jugend und Film Niedersachsen
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Foto LAG: v.l.n.r. Angelika Birk (Vorsitzende Bundesverband Jugend und Film), Friedemann Schuchardt (Medienberater),
Norbert Mehmke (1. Vorsitzender LAG Jugend und Film Niedersachsen) und Antje Höhl (Niedersächsische Staatskanzlei).

Die Jubiläumsfeier der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Jugend und Film Niedersachsen schaffte bravourös den Spagat zwischen Feier und Fachtagung: natürlich die üblichen Grußworte und Geschenke und Glückwünsche: aber auch eine fachliche Auseinandersetzung über ›Facetten der Medienkompetenz‹ mit einem kompetenten Einführungsreferat, Arbeitsgruppen und einer Podiumsdiskussion.
Bei den Grußworten fiel das des Niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kunst, Lutz Stratmann auf, der erklärte, er ›hätte nichts dagegen, wenn (die Verantwortung für die Förderung der LAG) bei mir geblieben wäre‹, was die Anwesenden mit Applaus quittierten. Mit Blick auf die zukünftige Förderung der LAG versicherte er: ›Was ich tun kann (…), will ich gerne tun.‹
Angelika Birk, Vorsitzende des Bundesvereinigung Jugend und Film (BJF), bescheinigte der LAG, sie sei ein Impulsgeber für andere Länder, ›so etwas wie ein Leuchtturm‹, der selber wegen des Mittelentzugs durch das Land Niedersachsen ›SOS funken musste‹.

Impulsreferat
Die Fachtagung wurde eingeleitet durch das Impulsreferat von Friedemann Schuchardt, der einen Rundumblick auf die Medienkompetenz und Medienpädagogik lieferte. Die rasante Entwicklung der Medientechnologie, die Digitalisierung und neue Datennetze hätten ›Rezeptionsweisen nachhaltig beeinflusst.‹ Dabei korrespondiere der ›multiple Zugang zu Filmen nicht mit der Befähigung von Kindern und Jugendlichen, kompetent mit Medien umzugehen‹. Es fehle die ›audiovisuelle Alphabetisierung‹. Hier pauschalisierte Schuchardt vereinfachend, indem er von ›den‹ Jugendlichen sprach, ohne nach Alter, sozialer Herkunft und Bildungsstand zu unterscheiden.
Im analytischen Teil seines Beitrags forderte er eine intensivierte und zielgerichtete Medienpädagogik: ›Medienkompetenz muss notwendigerweise den Baustein Filmerziehung beinhalten‹, womit er eine der Aufgaben der LAG Jugend und Film beschrieb. ›Was Kinder und Jugendliche nicht gelernt haben: auf welcher Syntax Filme und Medien aufbauen, wie sie wirken, mit was sie spielen und wie sie manipulieren.‹ Leider bezog sich Schuchardt in der Konkretisierung allzu sehr auf Schule und beschrieb weniger die Möglichkeiten der außerschulischen Jugendarbeit, also auch der LAG.

Medienkompetenz konkret
lag03Die Debatte um die Vermittlung von Medienkompetenz wurde am Nachmittag in der Arbeitsgruppe 1 ›Vermittlung von Medienkompetenz – und wie konkret?‹ fortgesetzt. VertreterInnen unterschiedlicher Institutionen von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt bis zur LAG Jugend und Film Schleswig-Holstein saßen auf dem Podium und erklärten ihren Beitrag zur Vermittlung von Medienkompetenz. Allgemein wurde bedauert, dass vieles im Bereich der Medienkompetenz unkoordiniert läuft und insgesamt die Anstrengungen insbesondere in Schule und Lehrerfortbildung, aber deutlich auch im außerschulischen Bereich viel zu gering sind.

Talentförderung in Niedersachsen
Ähnlich die Tendenz auch in der Arbeitsgruppe 2 ›Sprungbrett Film: Talentförderung in Niedersachsen‹. Von den 10 Mio. € im Etat der nordmedia geht rund die Hälfte an den NDR. Für Nachwuchsförderung steht viel zu wenig Geld zur Verfügung und die bürokratischen Hürden sind für junge Filmemacher viel zu hoch. Konsequenz: junge Talente weichen auf die Filmhochschulen in anderen Bundesländern (Ludwigsburg, Köln u. a.) aus. Karl Maier vom Film- und Medienbüro Niedersachsen resümierte: ›Das nordmedia-Karussel dreht sich und es ist nicht leicht aufzuspringen.‹

Neue Möglichkeiten der kulturellen Filmarbeit
Das Podium der Arbeitsgruppe 3 ›Zwischen Schmalfilm und Handy-TV: außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz als gesellschaftliche Aufgabe‹ war wie das der AG 1 reichlich groß. Vom Gründungsmitglied der LAG bis zum stellvertretenden Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt reichte die Palette. Hier konzentrierte sich die Diskussion auf die Auswirkungen der Verfügbarkeit digitaler Medien - wo und wann auch immer. Reinhold T. Schöffel vom Bundesverband Jugend und Film betonte, dass die DVD nicht nur einen Verlust gegenüber dem 16- mm-Film darstellte. So bestehe für den BJF dank DVD die Möglichkeit, unkompliziert und ohne hohe Kopierkosten Filme in den Verleih aufzunehmen, die die kommerziellen Verleiher nicht im Programm haben.
Auch die Untertitelung und damit der Verleih nicht synchronisierter Filme in Originalsprache sei damit leichter möglich.
Nach dem umfangreichen und anspruchsvollen Fachprogramm war nicht mehr viel Zeit für die LAG-Verantwortlichen, nun noch ordentlich zu feiern. Der Anlass hätte es verdient. Aber auch so kann die Veranstaltung als rundum gelungen bezeichnet werden. Wenn man bedenkt, dass dieses Jubiläum von einem Team Ehrenamtlicher, auch finanziell weitgehend (Dank der Veranstalter an den BJF für den Zuschuss!) aus eigenen Mitteln bestritten wurde: ›Chapeau!‹ erklärte ein Besucher.

Jürgen Fiege

Bild: Gratulation von der LAG Schleswig-Holstein, überbracht von Uli Ehlers.

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. März 2010 um 12:27 Uhr