Home Rundbrief alte Ausgaben Jahrgang 2005 Verbesserungen bei Filmförderung?
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Ende Januar 2005 hatte der Niedersächsische Landtag einstimmig einen Beschluss zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Filmförderung gefasst (siehe Kasten nächste Seite). Die Landesregierung hat dem Landtag eine Antwort auf den Beschluss zugeleitet, die wir nachfolgend veröffentlichen.

Antwort der Landesregierung vom 11.10.2005
Ziel der Förderung der nordmedia ist die quantitative und qualitative Stärkung und Weiterentwicklung der multimedial geprägten Kulturwirtschaft in Niedersachsen und Bremen. Innerhalb dieses Rahmens sind unterschiedliche Wege gangbar, um die angestrebten kulturwirtschaftlichen Effekte in den beiden Ländern zu erzielen. Es bedarf einer fortwährenden Abstimmung im Vergabeausschuss darüber, welche Effekte im Einzelfall prioritär sein sollen.
Da sich im Laufe der Tätigkeit der Gesellschaft gezeigt hat, dass die Gesellschafter nicht in jedem Fall einhellig dieselben Förderschwerpunkte setzen, wird über die Einzelfallfragen hinaus zurzeit nach einer Verständigung über eine größere Kohärenz der Förderpraxis auch außerhalb des Vergabeausschusses gesucht. Die Gespräche dauern noch an.
Der Etat der nordmedia Fonds GmbH beläuft sich in 2005 auf rd. 10 Mio. Euro.

Dieser Betrag gliedert sich wie folgt:
Mittel aus dem Vorwegabzug der Rundfunkgebühren
(§ 51 Abs. 3 Satz 1 NMedienG)
3.791.000 €
freiwillige Mittel NDR 2.301.000 €
Land Nds. (NLottG) 1.795.000 €
Freie Hansestadt Bremen 767.000 €
ZDF 517.000 €
Radio Bremen 128.000 €
Restmittel aus nicht abgerufenen Förderungen 723.000 €

Diese Finanzausstattung bedeutet, dass die Mittel aus Rundfunkgebühren deutlich überwiegen. Daraus resultiert eine gewisse Tendenz zugunsten von Entscheidungen für massenattraktive (›sendefähige‹) Produktionen, was im Zweifel zulasten der Filmkultur gehen könnte - aber nicht muss. Die Landtagsentschließung hat dies noch einmal bestätigt und Anstöße formuliert für eine künftig stärkere Gewichtung filmkultureller Aspekte.

Förderung unabhängiger Produzenten
Die Förderpraxis der nordmedia zielt darauf ab, kleine und mittlere Betriebe in Niedersachsen und Bremen möglichst umfassend in die geförderten Produktionen einzubinden. Nur dadurch gelingt es, die nach der Förderrichtlinie erforderlichen Regionaleffekte (mindestens 100 %) zu erzielen. Bei der nordmedia fielen in den ersten vier Monaten dieses Jahres 25 von 27 Vergabeentscheidungen zugunsten von Unternehmen oder Personen, die nicht gesellschafts- oder arbeitsrechtlich dauerhaft mit einem der beteiligten Sender verbunden sind. Dieses Ergebnis ist durchaus repräsentativ auch für andere Zeiträume.
Unter der Überschrift ›Unabhängigkeit‹ der Produktion (vgl. auch den neu eingefügten § 29 Abs. 5 des NDR-Staatsvertrages) ist daher dem Wunsch des Landtages nach einer möglichst starken Berücksichtigung von ›unabhängigen Produzenten‹ bei der Förderung entsprochen. Dies ist zunächst einmal positiv zu bewerten.
Zugleich muss jedoch festgestellt werden, dass nicht nur die freiwilligen Mittel der Sender, sondern auch großenteils Mittel aus dem Vorwegabzug (§ 51 Abs. 3 Satz 1 NMedienG) für Auftrags- und Koproduktionen der Rundfunkanstalten ausgegeben werden. ›Unabhängigkeit‹ im engeren Sinn genügt also nicht.
Um die Vielfalt der Filmkultur in Niedersachsen zu fördern, hält es die Landesregierung für sinnvoll, gesetzlich vorzugeben, dass künftig 10 % der Mittel aus dem Vorab für freie Produktionen zur Verfügung zu stellen sind, die nicht im Auftrag eines der Gesellschafter der nordmedia oder mit ihm gemeinsam zustande kommen. Die Höhe von mindestens 10 % orientiert sich an Artikel 5 der EG-Fernsehrichtlinie. Auch die Filmförderung der MSH (Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in Schleswig-Holstein mbH) verwendet 10 % des Vorwegabzuges für ›freie Produktionen‹.
Die Regelung ließe sich durch eine Ergänzung des § 51 Abs. 3 NMedienG herbeiführen. Die Landesregierung wird hierzu einen Vorschlag unterbreiten.

Förderentscheidungen im Vergabeausschuss
Fördermittel dienen üblicherweise der Verwirklichung von Vorhaben, die ohne Förderung nicht realisierbar wären. Das gilt auch für die Förderung durch die nordmedia. Daher soll eine Förderung von Fernsehproduktionen vermieden werden, die die Rundfunkanstalten aufgrund ihres öffentlich- rechtlichen Auftrages auch ohnedies realisieren und finanzieren würden. Gleichzeitig indes ist zu beachten, dass der allergrößte Teil der Fördermittel aus dem Rundfunkgebührenaufkommen stammt, welches gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 NMedienG nur innerhalb des Programmauftrages der Sender zu verwenden ist.
Folglich besteht die Aufgabe der nordmedia darin, einen Mix aus experimentellen und massenattraktiven Werken zu fördern, der dem Rechnung trägt. Die Mitglieder im Vergabeausschuss der nordmedia haben die Aufgabe, diesen Mix möglichst ausgewogen zu gestalten. Sie setzen insbesondere Mittel aus dem Kontingent des Landes ein, um z. B. Kurz- oder Dokumentarfilme zu finanzieren oder Fernsehspiele mitzufinanzieren. Auch eine Produktion in niederdeutscher Sprache (›Geschichten aus dem Moor‹) und eine Fernsehoper (›Eines schönen Tages‹) konnten auf diese Weise entstehen.
Derartige Werke sind künstlerisch sehr ambitioniert und finden ihr Publikum vor allem jenseits des Mainstreams. Dass nicht mehr experimentell angelegte Produktionen von den Mitteln der nordmedia profitieren, liegt erstens an der begrenzten Mittelausstattung des Landeskontingents, zweitens daran, dass der Spielraum der beteiligten Sender für Experimente sehr eingeschränkt ist, und drittens daran, dass für das Erreichen eines insgesamt angemessenen Fördermix aus den Fördermitteln auch Beiträge zu unterstützen sind, die ›normales Programm‹ sind.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ein Grund ist, dass Produktionen förderwürdig sind, wenn sie werbewirksam für Niedersachsen sind. Beispiele hierfür sind dokumentarische Beiträge wie ›Wanderwege in Niedersachsen‹ oder ›Der Harz - Dunkler Wald und lichte Höhen‹, aber auch (je nach Einzelfall) ein Tatort aus Niedersachsen.
Für den Medienstandort Niedersachsen außerdem von Bedeutung sind serielle Formate, wenn hierbei Produktionskapazitäten und Arbeitsplätze dauerhaft in Niedersachsen oder Bremen gebunden oder hierher verlagert werden. Ein Beispiel für eine solche standortpolitisch motivierte Entscheidung war die Anschubfinanzierung der Serie ›Alida - Lust am Wohnen‹, die erstmalig in Hannover für die ARD produziert wurde. Gleichwohl handelt es sich hier um ›normales Fernsehprogramm‹.
Die Beispiele zeigen, dass Förderentscheidungen vielschichtig sind. Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Aspekte wird zwangsläufig mal der eine, mal der andere Aspekt bei der Förderentscheidung den Ausschlag geben. Eine Grenze wird in der Regel erreicht bei Fernsehserien, die bereits in den Markt eingeführt sind.
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass nur eine Anschubförderung Sinn macht. Bei Erfolg der Serie hat der Sender ein hohes Eigeninteresse, die Produktion aus eigenen Mitteln fortzuführen. Umgekehrt besteht bei Misserfolg ohnehin kein Interesse mehr an der Förderung. In solchen Fällen soll daher der Vergabeausschuss eine Förderung konsequent ablehnen. Eine Förderung von Serien darf nur das Risiko der Markteinführung mindern und sich nicht zur Dauerförderung entwickeln.
Heimische Produzenten werden bei Förderentscheidungen - soweit möglich - berücksichtigt. In der Sitzung des Vergabeausschusses am 07.04.2005 wurden z. B. bei 27 Förderentscheidungen 18 Antragsteller aus Niedersachsen und Bremen begünstigt. Allerdings sind die Filmproduktionsstruktur und ihre Kapazitäten in Niedersachsen und Bremen nicht ausnahmslos für alle Produktionen geeignet, die hier stattfinden sollen, sodass schon allein deswegen auswärtige Antragsteller zu berücksichtigen sind.
Hinzu kommt, dass die Förderrichtlinie der nordmedia auch auswärtigen Antragstellern offen steht und dies aus Gründen der Vereinbarkeit mit europäischem Wettbewerbsrecht auch so sein muss. Diese Offenheit hat das Image der nordmedia in der Vergangenheit mehrfach gestärkt. Ein Beispiel hierfür ist das von der nordmedia geförderte Beziehungsdrama ›Gegen die Wand‹ (Buch/Regie: Fatih Akin, Produktion: Wüste Filmproduktion Hamburg), in 2004 einer der erfolgreichsten deutschen Filme.
Derzeit werden zwischen der Landesregierung und dem NDR Gespräche geführt über eine nochmalige Änderung und Präzisierung der Förderrichtlinie der nordmedia, um im Sinne der Landtagsentschließung weitere qualitative Verbesserungen der Förderpraxis zu erreichen. Über die Ergebnisse wird der zuständige Fachausschuss des Landtages zu gegebener Zeit unterrichtet.

Filmfestivals
Dem Wunsch nach Transparenz der Festivalförderung ist die Landesregierung inzwischen nachgekommen. Die Entscheidungen des Vergabeausschusses zur Festivalförderung in 2005 vom 02.12.2004 wurden dem Landtag schriftlich zur Kenntnis gegeben und mündlich im zuständigen Fachausschuss erläutert. Dieses Verfahren soll fortgesetzt werden. Mündliche Erläuterungen sollen bei Bedarf und unter Wahrung der Vertraulichkeit der Verhandlungen im Vergabeausschuss erfolgen.
Zusätzlich hat die nordmedia auf ihrer Homepage (www.nordmedia.de) eine Präsentation aller Filmfestivals in Niedersachsen und Bremen eingestellt. Hier wird einerseits den Veranstaltern die Möglichkeit gegeben, für ›ihr‹ Festival zu werben. Andererseits sind hier auch sämtliche Kerndaten der Festivals abrufbar, die bei den Förderentscheidungen berücksichtigt werden. Da diese Daten laufend aktualisiert werden, erübrigen sich in Zukunft sogar zeitaufwändige und teure Evaluationen.
Das Land wendet derzeit knapp 30 % seines Fördermittelkontingents bei der nordmedia für die Förderung von Filmfestivals auf, um Filmkultur in die Fläche zu tragen. Diese Gewichtung ist aus Sicht der Landesregierung angemessen. Sie soll beibehalten werden. Im Jahr 2005 sind das 479.500 Euro. Das Land Bremen hat 15.000 Euro zu niedersächsischen Filmfestivals beigesteuert; 40.000 Euro konnten nachträglich aus EU-Mitteln generiert werden.
Die Fördersumme beträgt somit insgesamt 534.500 Euro. Sie ist im Vergleich zu 2004 vermindert, denn in allen drei Kontingenten (Niedersachsen, Bremen, EU) sind seitens der Geldgeber Kürzungen vorgenommen worden. Diese Kürzungen waren aufgrund der allgemeinen Haushaltslage jeweils unausweichlich. Der NDR hat sich aus der Förderung der Filmfestivals vollständig zurückgezogen. Die Festivalbetreiber wurden damit vor große Herausforderungen gestellt. Nach den bisherigen Feststellungen konnten die Festivals jedoch trotz der Kürzungen ihr hohes Qualitätsniveau halten. Richtig ist, dass sich die Anzahl der Festivals in Niedersachsen infolge der Kürzungen in den letzten Jahren um ein Festival vermindert hat: In 2005 wurde in zwei Fällen die Förderung von Festivals komplett eingestellt mit der Folge, dass das Historische Festival des deutschen Films in Göttingen nicht stattgefunden hat. Erfreulicherweise gelang es dem Unabhängigen Filmfest Osnabrück, seine Arbeit im Jahr seines 20-jährigen Jubiläums auch ohne Förderung der nordmedia fortzusetzen.
Den Förderentscheidungen lag die Erwägung zugrunde, dass durch eine solide Ausstattung weniger Festivals größere kulturelle Effekte erzielt werden können als durch eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip. Die negative Auswahl fiel nicht zuletzt deshalb auf die beiden genannten Festivals, weil sowohl in Osnabrück als auch in Göttingen jeweils zusätzlich ein weiteres hochwertiges Filmfestival bereits stattfindet, das durch die nordmedia gefördert wird. Der Aspekt der ausgewogenen regionalen Verteilung wurde hier also berücksichtigt.
(Landtagsdrucksache Nr. 15/2280)

Filmförderung in Niedersachsen
Beschluss des Landtages vom 26.01.2005 - Drs. 15/1654
Der Landtag
  • begrüßt, dass auch im laufenden Jahr wieder mehrere Filme, die durch die nordmedia gefördert worden sind, bundesweit Erfolg hatten und zum Teil mehrfach ausgezeichnet wurden; dies zeigt deutlich, dass sich auch in der Filmförderung Qualität und ökonomischer Erfolg nicht ausschließen müssen,
  • begrüßt, dass die nordmedia die unabdingbaren Etatkürzungen zum Anlass nimmt, sich auf ihre eigentlichen Kernaufgaben, u. a. die Förderung von Film- und Fernsehproduktionen in Niedersachsen, zu konzentrieren und die Effizienz der Filmförderung weiter zu steigern,
  • stellt fest, dass die ursprünglich 2001 bei Gründung der nordmedia bestehende Erwartung, mit der nordmedia insbesondere auch Film- und Fernsehproduktionen unabhängiger Produzenten zu fördern, noch nicht vollständig erfüllt ist,
  • sieht es als problematisch an, wenn Fernsehanstalten Förderungen für Produktionen bekommen, die sonst üblicherweise aus dem eigenen Etat der Fernsehanstalten finanziert werden; dies gilt insbesondere für Formate, die weder besonders anspruchsvoll noch für das Land Niedersachsen imagefördernd noch für die Entwicklung des Medienstandortes Niedersachsen von Bedeutung sind.

Der Landtag bittet die Landesregierung,
  • bei der nordmedia darauf hinzuwirken, dass die Verfahren bei Entscheidungen und Evaluationen des Vergabeausschusses der nordmedia transparent gemacht werden und die je-weiligen Ergebnisse dem Landtag zur Kenntnis gegeben werden,
  • bei der nordmedia ihren Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass auch zukünftig eine den Sparzwängen angemessene Förderung von Filmfestivals in Niedersachsen erfolgt, wobei darauf zu achten ist, dass einerseits die Qualität und andererseits eine ausgewogene regionale Verteilung im Land berücksichtigt werden,
  • darauf hinzuwirken, dass eine Förderung von Serien-, TVoder Filmproduktionen möglichst nur als Anschubfinanzierung erfolgt; zumindest sollten niedersächsische Produzenten einbezogen werden,
  • gegenüber dem NDR darauf hinzuwirken, dass bei der Förderung durch die nordmedia eine Mischung aus ›Experimentellem‹ und ›zuschauerattraktiven Projekten‹ erzielt wird,
  • zu prüfen, ob es angeraten ist, durch eine Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes künftig festzulegen, dass aus dem Vorab für die Filmförderung insbesondere unabhängige Produktionen gefördert werden.

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 23. März 2010 um 15:13 Uhr